Mit "Extinction Rebellion" ist eine von Anfang Recht Ernst genommene Organisation, vor recht kurzer Zeit, auch in Berlin in die Bewegung eingestiegen, die die Klimakatastrophe und seine Ursachen bekämpft. Bekannt wurde sie vorallem durch Aktionen in England, bei denen u.a. Menschenmassen die Londoner Innenstadt für mehrere Tage lahmlegten und weil sie ankündigten, den Flugverkehr am Flughafen Heathrow mit Drohnen zu stören. Zu ihrem Konzept gehören "Gewaltfreiheit" und nicht nur die in Kauf nahme, sondern das klar formulierte Ziel, möglichst viele ihrer Aktivist*innen verhaften zu lassen. Dies solle maximale Aufmerksamkeit erregen und eine politische Krise auslösen.
Andere Organisation wurden sich mit ihnen mit Hinsicht auf den globalen Klimastreik am 20.09.19 (der wohl insgesamt als Erfolg verbucht werden kann) sehr schnell einig, dass einer solidarischen Bezugnahme auf einander, nichts im Weg stehe.
Leider brachte der 20.09, zumindest in Hamburg, einige unschöne Szenen mit sich. Während einer Sitzblockade riefen einige Menschen den dort aufkreuzenden Polizist*innen ein paar Beschimpfungen zu. Unter anderem "Fuck you Cops". Daraufhin standen die Aktivist*innen von Extinction Rebellion Hamburg geschlossen auf und verließen die Sitzblockade. Es steht natürlich jedem Menschen frei, seine Meinung zu ändern, ob er*sie gerade eine Sitzblockade durchhält oder nicht. Aber dabei das die anderen Menschen dort, für sie wohl sehr überraschend, "sitzen gelassen" wurden, blieb es nicht. Nun twitterte Extinction Rebellion HH munter drauf los. Denn sie hätten diese Blockade verlassen, weil sie "nicht friedlich" sei und "nur friedlich werden wir unsere Ziele erreichen". Menschen, weil sie eine Beleidigung gegenüber der Polizei äußern, als nicht friedlich zu bezeichnen, ist natürlich schon ein starkes Stück. Nicht nur, weil das die darauf folgende, sehr gewaltsamen Räumung durch die Polizei, medial unterstützt hat. Aber dann auch noch vorzugeben, als einzige zu wissen was der richtige Weg sei um erfolgreich gegen die Klimakatastrophe vor zu gehen, ist dann im Anschluß, auch noch die Verabschiedung von jeglicher Restsolidarität, gegenüber anderen Akteur*innen in der Klimaschutz Bewegung. Nach einem ziemlichen Shitstorm, haben sie sich entschuldigt und versucht sich zu erklären. Leider offenbarten ihre Erklärungen große Leerstellen in der Bedeutung dessen, was Solidarität und Gewalt eigentlich bedeuten. Am Sonntag Morgen veröffentlichte dann Extinction Rebellion Berlin eine
Erklärung , in der sie halbwegs vernünftig Stellung bezogen. Am Montagvormittag schloss sich dann auch die Hamburger Fraktion diesem Statement an.
Wir machen natürlich alle mal Fehler. Und in einer riesigen, neuen und hierarchierarmen Organisation, muß wohl davon ausgegangen werden, dass einige Diskussionen noch zu führen sind. Leider ist das aber nicht das erste mal, dass Extinction Rebellion sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. In ihrem Bemühen anschlußfähig für das "liberale bürgerliche" Milieu zu sein, treiben ihre Vorgaben und Positionierungen einige wilde Blüten. Sie deklarieren zum Beispiel, dass "Alle" mitmachen dürfen und grenzen sich dabei auch nicht klar von u.a. sexistisch handelnden Menschen ab. Sie sagen dabei "wir sind keine linke Bewegung, wir sind eine Klimabewegung". Dies öffnet natürlich allen möglichen antidemokratischen und menschenfeindlichen Positionen die Tür. Sie setzen auf Massenverhaftungen, bauen aber keine Strukturen auf, die Ihre Teilnehmer*innen in der Repression begleiten. Sie denken sich immerwieder Aktionen aus, die in ihrer scheinbaren Naivität absolut fragwürdig sind.
Zum Beispiel fordern sie ihre Mitglieder auf, Emails und Briefe, über ihre Aktionen und Gefühle zu schreiben - an die Polizei. Viel einfacher kann mensch es der Strafverfolgung wohl nicht machen.
Zur Zeit wird sich unter den deutschen Ortsgruppen darüber gestritten, ob Großspenden angenommen werden, die zum Teil aus der US-Ölindustrie stammen. Und ganz wild wird es, wenn mensch sich anschaut, wer zu den Gründer*innen dieser Bewegung gehört. Die scheinen diesen Aktivismus nämlich als Investitionchanche für.... na dreimal dürft ihr raten: ... genau: ökonomisches Wachstum zu verstehen. Ein paar Hintergründe dazu gibt es
hier.
Es läßt sich wohl noch nicht abschließend sagen, ob Extinction Rebellion und seine gut funktionierende Corporate Identity, tatsächlich das liberale Bürgertum in einen sinnvollen Kampf gegen die Klimakatastrophe und seine Folgen einbinden können. Oder ob sie nicht eher, ebenfalls Teil des Problems bleiben. Einige der Indizien aus der letzten Zeit, lassen leider letzteres vermuten.
★ ♠ ★